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Holzhöhlen – Vor- und Nachteile in der Aquaristik

Erlenholzhöhlen

Abb. 1: Ein typischer „Holzfresser“ in einer 40 mm Erlenholzhöhle, Panaqolus tankei (L398)

Höhlen als Verstecke oder Laichorte sind in der Aquaristik bei vielen Fischgruppen essentielle Voraussetzungen zum Wohlbefinden unserer Pfleglinge. Heutzutage wird der Markt eindeutig von Tonprodukten dominiert, lassen sich doch aus diesem Material nicht nur alle Formen und Größen, sondern auch sehr dekorative Objekte herstellen, und das aus einem völlig inerten Material, von dem bei richtiger Verarbeitung (hohe Brenntemperaturen) sicher keinerlei Schadstoffe an das Aquariumswasser abgegeben werden. Doch auch Höhlen aus natürlichen Materialien sind in der Aquaristik gut etabliert, sei es die einfache Kokosnussschale, das Bambusrohr oder auch Moorkienholzhöhlen, die wir erstmals 2006 auf der Messe in Friedrichshafen vorgestellt habe. Inzwischen findet man jedoch ab und an auch Höhlen im Angebot, die in frisches Holz gebohrt wurden. Daniel Konn-Vetterlein (2012) hatte sogar eine einfache Arbeitsanleitung veröffentlicht, wie man ohne aufwendigen Maschineneinsatz Holzhöhlen ganz einfach selber herstellen kann.

Abb. 2: Hemiloricaria teffeana Männchen in einer durchgehenden Moorkienholzhöhle

Die Fragen, zu denen man bisher allerdings wenig konkrete Informationen findet, sind z.B.: sind solche Höhlen aus frischem Holz in Aquarien eigentlich gefahrlos einsetzbar, und welche Vor- und Nachteile darf man erwarten? Deshalb habe ich in den letzten Monaten ein wenig mit solchen Holzhöhlen herumexperimentiert und möchte hier auf der Basis dieser Erkenntnisse kurz das Thema als Diskussionsgrundlage vorstellen.

Abb. 3: Kirschholzstamm mit einer 23 cm tiefen Höhle, 75 mm Durchmesser.

Holz ist nicht gleich Holz, deshalb rückt zuvorderst die Frage nach der richtigen Holzart in den Vordergrund. Wie bereits richtig von Konn-Vetterlein (2012) dargelegt, sind manche Hölzer aufgrund ihrer Härte schwierig zu verarbeiten (Eiche, Buche und fast alle Obstbäume) und andere können Harz absondern (Nadelhölzer), dessen Auswirkungen im Aquarium schwer einzuschätzen sind. Ich habe die aktuellen Versuche mit Obstbäumen (Kirsche, Pfirsich) sowie den einheimischen Laubbaumarten Birke und Erle gemacht, eben das, was bei mir gerade im Garten in passenden Größen anfiel. Wenn man mal ein paar mehr Höhlen anfertigen will, bedarf es zunächst einer praktikablen Methode, um typische Welshöhlen in einen Stamm einzuschneiden.

Abb. 4: Erlenholzhöhle mit 50 mm Durchmesser (etwa 20 cm tief); die leicht bräunliche Wasserfärbung ist auf die Huminstoffe im Erlenholz zurückzuführen. Zwei solche Höhlen färben ein 300 l Becken innerhalb von 1 Woche so stark, dass man die Rückwand kaum noch erkennen kann. Die Höhle muss aufgrund des geringen spezifischen Gewichts gut mit Steinen fixiert werden.

Die so simpel klingende Methode, dass man sich einfach einen dicken Bohrer nimmt und Löcher ins Holz einbohrt, mag ja bei kleinen Höhlen für Garnelen noch gehen, größere Durchmesser, wie sie für die Mehrzahl der typischen L-Welse nötig sind, können so sicher nicht hergestellt werden. Früher bei meinen Moorkienholzhöhlen habe ich dies immer mit entsprechenden Schlangenbohrern und einer sehr kräftigen Bohrmaschine gemacht. Doch muss man hier eine deutliche Warnung aussprechen, denn die Kräfte beim kaum zu kontrollierenden Rückschlag sind schon gewaltig und haben mir oftmals blaue Flecken oder heftige Verstauchungen zugefügt. Deshalb habe ich mir für die aktuellen Versuche eine große Standbohrmaschine umbauen lassen und bohre heute sowohl mit Schlangen- als auch mit Forstnerbohrern. Aber auch hierbei ganz wichtig: es bedarf exzellenten Materials und einer gehörigen Portion Erfahrung gerade bei den größeren Durchmessern.

Abb. 5: Lasiancistrus tentaculatus (L92) in einer flächigen Erlenholzhöhle.

Doch wie sieht es nun mit den Holzhöhlen im Aquarium aus? Das erste, was man feststellt: die Dinger gehen nicht unter, jedenfalls nicht sofort (bei frischem Erlenholz bedarf es ein paar Tage bis Wochen). Die Dichte von trockenem Holz ist eben geringer als Wasser und das Material muss erst eine Menge Wasser aufgenommen haben, um dauerhaft unterzugehen. Das geringe spezifische Gewicht von Holz unter Wasser ist sicher ein Nachteil, insbesondere für größere Höhlen, wie für Pseudacanthicus-Arten oder ähnlich große Vertreter unserer L-Welse. Die Höhlen bringen auch vollgesogen unter Wasser einfach nicht genug Gewicht auf die Waage (wie etwa eine große Tonhöhle) und der Fisch kann problemlos mit der ganzen Höhle schwimmen gehen, wenn man sie nicht irgendwie gut fixiert.

Abb. 6: Erlenholzhöhlen unterschiedlicher Durchmesser (20-50 mm) und unterschiedlicher Bauformen (geschlossen und durchgehend) die für rund 4 Wochen im Gartenteich vorkonditioniert worden waren. Bei allen geschlossenen Höhlenformen sollten am Ende kleine Belüftungslöcher eingebohrt werden (s. mittlere Höhle oben).

Als ein weiterer Nachteil mag gelten, dass z.B. frisches Erlenholz genau wie Erlenzäpfchen, Moorkienholz oder auch Seemandelbaumblätter das Wasser signifikant teefarben anfärbt. Je nach Holzmenge pro Wasservolumen hat man dann echtes „Schwarzwasser“, ein Charakteristikum, das durch die Vielzahl der Huminstoffe auch im frischen Holz hervorgerufen wird und das nicht von allen Aquarianern als Vorteil angesehen wird, obwohl…, vermutlich von der Vielzahl der Fische schon. Was man aber auch bedenken muss: frisches Holz unterliegt im Wasser einem viel intensiveren Zersetzungsprozess als an trockener Luft. Diese Prozesse benötigen jede Menge Sauerstoff, der dem Aquarienwasser entzogen wird, und dies z.B. im Vergleich zu Moorkienholz (dessen Zersetzungsprozesse zu einem Großteil abgeschlossen sind und dass durch die Jahrtausende im Moor regelrecht konserviert ist) in einem sicher nicht zu vernachlässigendem Größenbereich. Da diese Zersetzungsprozesse natürlich auch im Innenraum der Höhle stattfinden, halte ich es in jedem Fall für ratsam, die Rückwand einseitig geschlossener Holzhöhlen mit kleinen Löchern zu versehen, um einen besseren Wasser-(Sauerstoff-)austausch zu gewährleisten.

Abb. 7: Pseudancistrus sp. L259 an einer Kirschholzhöhle.

Bisher nur Nachteile, ja, warum soll ich dann Holzhöhlen überhaupt im Aquarium einsetzen? Nun, wie sieht es in natürlichen Gewässern aus? Die sind voll von Holz und sie bieten für viele Fischarten ein essentielles Habitat sowie eine wichtige Nahrungsquelle. Und hierbei spreche ich jetzt nicht nur von den Arten, die ohne Holz nicht dauerhaft überleben können, wie etwa die Panaqolus-, Panaque– oder Hypostomus-Arten, also die als typische Holzfresser titulierten Arten. Wichtig zum Verständnis ist aber, dass diese Arten, wie wissenschaftliche Untersuchungen klar belegt haben, nicht direkt vom Holz selber, sondern von dem Biofilm auf dem Holz leben (z.B. German & Bittong 2009). Dieser Biofilm ist eine Mixtur aus Schimmelpilzen, Algen, einer Vielzahl von Protisten sowie Bakterien, die den Kohlenstoff aus dem Holz als primären Nährstoff für ihr Wachstum nutzen. Und dieser Biofilm ist eben nicht nur für die typischen Holzfresser, sondern für ganz viele Arten und insbesondere die Jungfische von fast allen Arten essentiell, und er wächst eben bei frischem Holz viel schneller und in größerer Masse als beispielsweise bei Moorkienholz. Wir geben also mit solchen Höhlen aus frischem Holz neben der Höhle als potentiellem Versteck vor allem eine prima Nahrungsquelle ins Aquarium. Doch hier liegt eben auch ein bedenkenswertes Gefahrenpotential, wenn nämlich im Aquarium keine Organismen sind, die diesen Biofilm nachhaltig nutzen (Schnecken, Garnelen oder auch die meisten L-Welse), dann kann die hohe Produktivität aktiver Biofilme auf dem Holz ganz schnell zu viel Sauerstoff verbrauchen.

Abb. 8: Kleine Erlenholzhöhlen im schwimmenden Einhängekasten generieren einen ständig verfügbaren Biofilm für die Jungfische (hier: Ancistrus sp. „Rio Tapajos“).

Soll/kann/darf man jetzt frisches Holz im Aquarium verwenden? In jedem Fall, nichts ist schöner, dekorativer und natürlicher als ein frisches Stück Holz, ganz egal ob mit oder ohne Höhle. Aber man sollte es in Maßen ins Aquarium einbringen, vor allem, wenn die nachhaltige Nutzung des Biofilms durch die Aquarienbewohner nicht gesichert ist. Für alle Arten in unseren Aquarien, die solche Biofilmen als Nahrungsquelle nutzen, gibt es aber kaum etwas Besseres, und wenn dann noch ein Versteck oder eine prima Laichhöhle mit dabei ist, her damit!

Erlenholzhöhlen sind natürlich bei uns im Shop erhältlich (die Kategorie wird nach und nach erweitert)

Literatur

German, D. P., Bittong, R. A., 2009. Digestive enzyme activities and gastrointestinal fermentation in wood-eating catfishes. Journal of Comparative Physiology – B, 179, 1025-1042.

Konn-Vetterlein, D. (2012): Wasserdicht – Holzhöhlen sind schnell gemacht. Die Aquarien- u. Terrarien-Zeitschrift (DATZ), 65(6): 80

aus: BSSW-Report 30(1&2) – 2018